In der Lokalpresse werden ein paar Rekordzahlen der Color Line vorgestellt:

Bericht aus den Kieler Nachrichten online

Was unter dem Strich steht, sollte der Bilanz zu entnehmen sein ... Da hilft es, im Netz nach Color Line Annual Report oder Color Line Balance Sheet zu suchen ... Da der Annual Report 2010 im April 2011 veröffentlicht wurde, würde ich den 2011er Bericht im April 2012 erwarten.

Und nun noch eine Rechenaufgabe, denn ich bekomme die Color Line Zahlen nicht in Deckung. Aber vielleicht mache ich ja einen Denkfehler.

Also: 2011 hatte 365 Tage. An zwei Tagen (24.12. und 31.12.) gab es keine Abfahrt, macht also 363 Tage, an denen gefahren werden konnte. Dazu sind Abfahrten wegen Werftaufenthalten ausgefallen. Ich gehe mal von sieben Abfahrten je Schiff aus, d. h. 14 Tage fuhr nur ein Schiff. Dann komme ich auf 356 Tage, an denen mit zwei Schiffen gefahren wurde. (14 Tage mit nur einem Schiff ergibt die gleiche Menge an Abfahrten wie sieben Tage mit zwei Schiffen).

Color Line sagt, sie haben 1,13 Mio Passagiere befördert. Das sei eine Auslastung von 86%. Die Schiffe können 2700 Passagiere befördern.
Und jetzt kommt der Haken.
2700 Passagiere könnten 356 Mal befördert werden = 961.200 Passagiere hätten befördert werden können. Nun waren die Plätze aber nur zu 86% belegt. 86% von 961200 sind 826.632.
Wie komme ich auf die 1,13 Mio der Color Line?
Wenn ich sage: Ja, aber das Schiff kommt mit Passagieren an und fährt mit Passagieren ab, also habe ich doppelte Kapazität - dann befördere ich aber 1,65 Mio Passagiere (826.632 mit zwei multipliziert und gerundet) - was auch wieder nicht die 1,13 Mio Passagiere aus den Reedereizahlen sind.

Vielleicht wird auf einem anderen Weg ein Schuh draus? - Wenn 1,13 Mio Passagiere an 356 Tagen 86% Auslastung bedeuten, dann hätte ich pro Tag (bei 356 Fahrtagen):
a) 3,174 Passagiere befördert
und
b) 3691 Passagierplätze verfügbar.
Aber wie passt das zu den verfügbaren Schiffen und den auf diesen Schiffen offiziell verfügbaren Plätzen? - Wo ist mein Denkfehler?

Da die Color Line selbst von einer Auslastung von 86% spricht und auch die 1,13 Mio Passagiere sich mit größter Wahrscheinlichkeit auf Kiel - Oslo beziehen (Pressemitteilung Port of Kiel und dazu die ca. 4,2 Mio durch Color Group insgesamt beförderten Passagiere laut Annual Report 2010), bleibt vielleicht wirklich nur der Kniff mit den belegten Kabinen für die Auslastungsrechnung. Das würde dann bedeuten, die Auslastung bezieht sich auf die Kabinen; dann wären die Passagierzahlen unabhängig von der Auslastung zu sehen ...

Wenn die Auslastung die Belegung der Kabinen anzeigt, würde eine Steigerung der Passagierzahlen aber irgendwann nur noch dann funktionieren, wenn man die Unterbelegung von Kabinen reduziert, d. h. Einzelbelegungen müssen vermieden werden (funktioniert hervorragend über die Zuschläge, die z. B. für die 5*-Suiten in 2011 um 31,25% errhöht wurden, was die Reiselust der Einzelreisenden dann wiederum reduziert bzw. Alleinreisende motiviert, sich Begleitung zu suchen ...) und die Kabinen nach Möglichkeit voll belegt sein, also eben auch vier Personen in einer Vier-Bett-Kabine.

Original von CL-Fan
Wenn ich ein 3-Tagesticket bei einem ÖPNV kaufe, dann bin ich ein "Passagier" !
Kaufe ich aber eine Hin- und eine Rückfahrt separat, dann erhöht sich das Passagieraufkommen auf 2 !

Dann würde man die Passagiere mit einer Fahrkarte/Bordkarte gleichsetzen ... Das ist m. E. eine Zähllogik, die plausibel klingt. Übertragen auf die CL würde ich dahinter die Philosophie sehen, dass eine Bordkarte eine Reise umfasst, unabhängig von der während der Reise zurückgelegten Strecke.
Diese Zähllogik einfach dargestellt: 1 Check-In = 1 Passagier = 1 Bordkarte.

Ob die Möglichkeit besteht, in den eingesetzten IT-Systemen Minikreuzfahrer von "Streckenpassagieren" zu unterscheiden, lässt sich so natürlich nicht sagen.
Hintergrund der Zähllogik "1 Check-in = 1 Bordkarte = 1 Passagier" könnte sein, dass man die Entwicklung der Passagierzahlen über Jahresscheiben hinweg vergleichbar halten möchte. Und ohne IT-Unterstützung war das Zählen von Bordkarten vermutlich die einfachste und schnellste Lösung, so dass diese alte Zähllogik bis heute beibehalten wurde. - Für mich ein denkbares Szenario.

Schade, dass die Reporter bei der Pressekonferenz nicht nachgefragt haben, wie sich die Reisenden auf Minikreuzfahrer und "Streckenreisende" aufteilen, dann hätten wir mehr Klarheit